Eine biblische Betrachtung in fünf Teilen von Edgar Dusdal
Da Gott für den Schutz der Schwachen und Armen einsteht, ist auch der Schutz des Fremdlings für Gott ein zentrales Anliegen. Psalm 146,8-9 ist ein Beleg für diesen Zusammenhang:
„Der HERR macht die Blinden sehend. Der HERR richtet auf, die niedergeschlagen sind. Der HERR liebt die Gerechten. Der HERR behütet die Fremdlinge und erhält Waisen und Witwen; aber die Gottlosen führt er in die Irre.“
Der Fremde ist nicht mehr aufgrund seines Fremdseins per se der Feind, und der zum eigenen Volk gehörende Mitmensch wird nicht allein durch diesen Status zum Freund, sondern der Gottlose, ob Israelit oder Ausländer, wird zum Feind Gottes. Weil Gott hier eine neue Einordnung vornimmt, soll auch der Israelit im Fremden seinen Nächsten erkennen. Der bereits gehörte Abschluss des Heiligkeitsgesetzes Levitikus 26 verdeutlicht das noch einmal.
Wie bereits erwähnt, wird das Gebot der Nächstenliebe in besonderer Weise auf den Fremdling bezogen. Ihm soll in privilegierter Weise die Liebe zukommen, da er sie am dringendsten benötigt. Desgleichen wird zur Erklärung, wie bereits mehrfach beschrieben, der Bezug zur eigenen Fremdheitserfahrung hergestellt.
„Er soll bei euch wohnen wie ein Einheimischer unter euch, und du sollst ihn lieben wie dich selbst; denn ihr seid auch Fremdlinge gewesen in Ägyptenland. Ich bin der HERR, euer Gott.“
Sich gegen den Fremden zu vergehen, ihm nicht das zu geben, was er braucht, wird so zu einem Vergehen gegen Gott selbst.
Das Modell der Abgrenzung gründet in der Erfahrung und Gefahr des kultischen Abfalls. Besonders das Königtum mit seinen Heiratsbeziehungen zu anderen Herrscherhäusern brachte es mit sich, dass auch die Kulte der Angeheirateten im Tempel praktiziert wurden. Dies sahen besonders die prophetischen und königskritischen Gruppen in Israel problematisch.
Das Modell der Integration gründet in einer ganz anderen Erfahrung. Nachdem 721 v.Chr. die Assyrer das Nordreich Israel erobert hatten, flohen viele aus dem Nordreich in das Südreich Juda. Doch dies ist nicht der primäre Anlass des Integrationskonzeptes, wenn er auch nicht unberücksichtigt bleiben sollte. Entscheidender ist, dass das Integrationskonzept aus dem Verarbeitungsprozess der Niederlage hervorgegangen ist. Weil man zuvor nicht das Recht garantierte, wie es die Propheten immer wieder einklagten, weil man, die besonders Gott am Herzen liegenden Witwen, Waisen und Fremdlinge in ihrer Würde verletzte und sie missachtete, deshalb bestrafte Gott das Nordreich mit der Niederlage. Mit anderen Worten: um eine zukünftige Strafe Gottes nicht zu provozieren, war es zwingend notwendig den Fremden zu integrieren. Damit war es möglich, Flüchtlinge, die aus anderen Staaten vor den Assyrern Zuflucht in Juda suchten, positiv aufzunehmen. Ziel der Gesetzgebung war ihre soziale und religiöse Integration.
Israel wird mit seiner Sozialmoral und seiner auf Solidarität basierenden Gruppenidentität zum Gegenmodell zu den orientalischen Militärmächten seiner Zeit. Das Heiligkeitsgesetz will das dann auch für die Zeit nach dem babylonischen Exil sicherstellen.
Samstag, 1. November 2014
Vom Umgang mit Fremden (3)
Eine biblische Betrachtung in fünf Teilen von Edgar Dusdal
Fremde begegnen uns innerhalb Israels in der Bibel an vielen Stellen. Uriah, der Ehemann Bathsebas, so hören wir, war ein Hethiter und kämpfte in Davids Heer. Ruth war eine verwitwete Moabiterin, Ittai war ein Philister aus Gat und wohnte mit seinen 600 Gefolgsleuten in Jerusalem.
Wir müssen hier konkretisieren, dass aus der Bezeichnung „der Fremde“, zuweilen nicht eindeutig hervorgeht, ob es sich um einen Ausländer handelt. Es kann sich auch um einen einheimischen Ortsfremden handeln.
Bei Asterix und Obelix heißt es dazu: "Du kennst mich doch, ich hab' nichts gegen Fremde. Einige meiner besten Freunde sind Fremde. Aber diese Fremden da sind nicht von hier!"
Die Bibel kennt zwei Traditionen im Umgang mit Fremden. Die eine beruht auf Abgrenzung, die andere auf Integration.
Interessant ist es wahrzunehmen, welche Motive hinter den jeweiligen Strategien im Umgang mit Fremden stehen.
Das 5. Buch Mose ist geprägt von sozialer Abgrenzung aus Angst vor religiösem Abfall, der durch die Fremden bewirkt werden könnte bis zur Tendenz von partieller Integration.
Das soziale Profil des Fremden kann nach dem 5. Buch Mose wie folgt bestimmt werden:
1. Der Ortsfremde hat keinen Landbesitz und verfügt daher auch über keine eigene Ernte.
2. Der Ortsfremde arbeitet bei Bauern als Tagelöhner.
3. Der Ortsfremde hat keine über Grundbesitz verfügende Verwandtschaft und fällt aus dem sozialen Netz der Verwandtschaftshilfe heraus. Es sind „Fremde, die Waisen sind,“ wie es 5.Mose 24,17 heißt.
Der Ortsfremde befindet sich in einer wirtschaftlich prekären Lage. Doch er wird nicht seinem Schicksal überlassen, sondern genießt gewisse Schutzrechte, die zumindest ein Überleben garantieren.
1. Dem Ortsfremden soll sein Lohn am Arbeitstag selbst ausgezahlt werden (5.Mose 24,14).
2. Er darf bei der Ernte Reste von Getreide und Oliven sammeln; auch verendete Tiere überlässt man ihm zum Verzehr (5.Mose 24,19-21; 14,21). Ein Rechtstext sieht sogar eine Armensteuer vor, die von landbesitzenden Bauern zu entrichten war, und die Fremden wie Witwen und Waisen, d.h. Personen ohne Verwandtschaft, zukommen sollte (5.Mose 26,12). „Wenn du den Zehnten deines ganzen Ertrages zusammengebracht hast im dritten Jahr, das ist das Zehnten-Jahr, so sollst du ihn dem Leviten, dem Fremdling, der Waise und der Witwe geben, daß sie in deiner Stadt essen und satt werden.“
3. Der Ortsfremde darf an religiösen Festen teilnehmen. D.h: Er wird zum Verzehr von Opfertieren eingeladen. Auch wird ihm Sabbatruhe gewährt (5.Mose 5,14; 16,11.14).
Das 5. Buch Mose formuliert eine Verbindung von Integration und Segregation, von Einbeziehung und Trennung. Die Tendenz zur Integration zeigt sich an der Zulassung zu den Festen und an der Sabbatruhe, die Tendenz zur Trennung zeigt sich an dem Bestehen darauf, dass die Fremden keine Brüder sind und nicht zum heiligen Volk gehören. Sie sind und bleiben Fremde. „Der Fremde ist kein Bruder.“ (5.Mose 24,14). „Er gehört nicht zum heiligen Volk.“ (5.Mose 14,21a.)
Im sogenannten Bundesbuch (Ex 20,22 – 23,33) finden sich zwei Bestimmungen, die positiv auf den Fremden Bezug nehmen.
„Und einen Fremdling sollst du nicht bedrängen und ihn nicht bedrücken, denn Fremdlinge seid ihr im Land Ägypten gewesen.“ (2. Mose 22,20)
„Die Fremdlinge sollt ihr nicht unterdrücken; denn ihr kennt doch die Seele des Fremden, weil ihr auch Fremde in Ägyptenland gewesen seid.“ (2.Mose 23,9)
Diese im Bundesbuch enthaltene Tradition wird im Heiligkeitsgesetz (3. Mose Levitikus 17-26) fortgeschrieben. Es favorisiert ein Modell der vollständigen Integration des Fremden. Die zentrale Aussage hierzu lautet:
„Es soll ein und dasselbe Recht unter euch sein für den Fremdling wie für den Einheimischen; ich bin der HERR, euer Gott.“ (3.Mose 24,22), sowie:
„Wenn ein Fremdling bei euch wohnt in eurem Lande, den sollt ihr nicht bedrücken. Er soll bei euch wohnen wie ein Einheimischer unter euch, und du sollst ihn lieben wie dich selbst; denn ihr seid auch Fremdlinge gewesen in Ägyptenland. Ich bin der HERR, euer Gott.“ (3.Mose 19,33-34)
Allerdings enthält das Modell der Gleichstellung mehrere Forderungen an den Fremden:
1. Der Fremde darf keinen religiösen Kult nach eigener Tradition pflegen; er muss sich an die jüdischen Kultregeln halten: “Darum sollst du zu ihnen sagen: Wer aus dem Hause Israel oder von den Fremdlingen, die unter euch sind, ein Brandopfer oder Schlachtopfer darbringt und bringt es nicht vor die Tür der Stiftshütte, um es dem HERRN zu opfern, der wird ausgerottet werden aus seinem Volk.“ (3.Mose 17,8-9)
2. Der Fremde muss sich an die jüdischen Speisegesetze halten: „Und wer vom Haus Israel oder von den Fremdlingen unter euch irgendwelches Blut ißt, gegen den will ich mein Antlitz kehren und will ihn aus seinem Volk ausrotten.Darum habe ich den Israeliten gesagt: Keiner unter euch soll Blut essen, auch kein Fremdling, der unter euch wohnt.“ (3.Mose 17,10-12)
3. Der Fremde soll Passa feiern wie die Israeliten.
Das Modell der Gleichstellung öffnet das Judentum für die Fremden. Aber es wird die Übernahme aller jüdischen Traditionen einschließlich Beschneidung, Kult- und Speisegesetz erwartet. In der Formulierung des Gesetzes heißt es dann:
„Ein und dasselbe Gesetz gelte für den Einheimischen und den Fremdling, der unter euch wohnt.“ (2.Mose 12,49)
Ein Beispiel für das priesterliche Modell der Integration bietet das Buch Judith: Dort lesen wir von einem Ammoniter, also Ausländer, der sich zum Judentum bekehrte:
"Als nun Achior sah, wie mächtig der Gott Israels geholfen hatte, verließ er die heidnischen Bräuche, glaubte an Gott und ließ sich beschneiden. Er wurde in das Volk Israel aufgenommen, er und alle seine Nachkommen, bis auf den heutigen Tag.“ (Jdt 14,6)
Im Gegensatz zur Priesterschrift sind die Ammoniter im 5. Buch Mose nicht einmal in das Zwei-Klassensystem ihres Gesellschaftsmodells aufgenommen: „Die Ammoniter und Moabiter sollen nicht in die Gemeinde des HERRN kommen, auch nicht ihre Nachkommen bis ins zehnte Glied; sie sollen nie hineinkommen.“ (5.Mose 23,4)
Dennoch ist der Fremdling in der Regel nicht beschnitten.
An Schutzbestimmungen finden sich u.a. folgende Gesetze:
„Wenn du dein Land aberntest, sollst du nicht alles bis an die Ecken deines Feldes abschneiden, auch nicht Nachlese halten. Auch sollst du in deinem Weinberg nicht Nachlese halten noch die abgefallenen Beeren auflesen, sondern dem Armen und Fremdling sollst du es lassen; ich bin der HERR, euer Gott.“ (3.Mose 19,9-10)
„Wenn ein Fremdling bei euch wohnt in eurem Lande, den sollt ihr nicht bedrücken/ausnutzen. Er soll bei euch wohnen wie ein Einheimischer unter euch, und du sollst ihn lieben wie dich selbst; denn ihr seid auch Fremdlinge gewesen in Ägyptenland. Ich bin der HERR, euer Gott.“ (3.Mose 19,33-34)
Bei der Gesetzgebung über das Sabbatjahr und das Jubeljahr leitet das Heiligkeitsgesetz von dem Prinzip, dass Jahwe der Besitzer des Landes ist, „Das Land gehört mir.“ (Lev 25,23) einen einzigartigen Zusatz ab: „Ihr seid wie Fremde und Beisassen bei mir.“ Israel ist nicht Herr des Landes, es wohnt dort vor Gott als Fremder. Insofern ist die Bibel, entfaltet man sie von diesem Punkt aus, ein Buch von Fremden für Fremde. Weil Jahwe der Besitzer des Landes ist, kommt auch dem Fremden ein Anteil von seinen Früchten zu, denn vor Gott sind alle Fremde.
Fremde begegnen uns innerhalb Israels in der Bibel an vielen Stellen. Uriah, der Ehemann Bathsebas, so hören wir, war ein Hethiter und kämpfte in Davids Heer. Ruth war eine verwitwete Moabiterin, Ittai war ein Philister aus Gat und wohnte mit seinen 600 Gefolgsleuten in Jerusalem.
Wir müssen hier konkretisieren, dass aus der Bezeichnung „der Fremde“, zuweilen nicht eindeutig hervorgeht, ob es sich um einen Ausländer handelt. Es kann sich auch um einen einheimischen Ortsfremden handeln.
Bei Asterix und Obelix heißt es dazu: "Du kennst mich doch, ich hab' nichts gegen Fremde. Einige meiner besten Freunde sind Fremde. Aber diese Fremden da sind nicht von hier!"
Die Bibel kennt zwei Traditionen im Umgang mit Fremden. Die eine beruht auf Abgrenzung, die andere auf Integration.
Interessant ist es wahrzunehmen, welche Motive hinter den jeweiligen Strategien im Umgang mit Fremden stehen.
Das 5. Buch Mose ist geprägt von sozialer Abgrenzung aus Angst vor religiösem Abfall, der durch die Fremden bewirkt werden könnte bis zur Tendenz von partieller Integration.
Das soziale Profil des Fremden kann nach dem 5. Buch Mose wie folgt bestimmt werden:
1. Der Ortsfremde hat keinen Landbesitz und verfügt daher auch über keine eigene Ernte.
2. Der Ortsfremde arbeitet bei Bauern als Tagelöhner.
3. Der Ortsfremde hat keine über Grundbesitz verfügende Verwandtschaft und fällt aus dem sozialen Netz der Verwandtschaftshilfe heraus. Es sind „Fremde, die Waisen sind,“ wie es 5.Mose 24,17 heißt.
Der Ortsfremde befindet sich in einer wirtschaftlich prekären Lage. Doch er wird nicht seinem Schicksal überlassen, sondern genießt gewisse Schutzrechte, die zumindest ein Überleben garantieren.
1. Dem Ortsfremden soll sein Lohn am Arbeitstag selbst ausgezahlt werden (5.Mose 24,14).
2. Er darf bei der Ernte Reste von Getreide und Oliven sammeln; auch verendete Tiere überlässt man ihm zum Verzehr (5.Mose 24,19-21; 14,21). Ein Rechtstext sieht sogar eine Armensteuer vor, die von landbesitzenden Bauern zu entrichten war, und die Fremden wie Witwen und Waisen, d.h. Personen ohne Verwandtschaft, zukommen sollte (5.Mose 26,12). „Wenn du den Zehnten deines ganzen Ertrages zusammengebracht hast im dritten Jahr, das ist das Zehnten-Jahr, so sollst du ihn dem Leviten, dem Fremdling, der Waise und der Witwe geben, daß sie in deiner Stadt essen und satt werden.“
3. Der Ortsfremde darf an religiösen Festen teilnehmen. D.h: Er wird zum Verzehr von Opfertieren eingeladen. Auch wird ihm Sabbatruhe gewährt (5.Mose 5,14; 16,11.14).
Das 5. Buch Mose formuliert eine Verbindung von Integration und Segregation, von Einbeziehung und Trennung. Die Tendenz zur Integration zeigt sich an der Zulassung zu den Festen und an der Sabbatruhe, die Tendenz zur Trennung zeigt sich an dem Bestehen darauf, dass die Fremden keine Brüder sind und nicht zum heiligen Volk gehören. Sie sind und bleiben Fremde. „Der Fremde ist kein Bruder.“ (5.Mose 24,14). „Er gehört nicht zum heiligen Volk.“ (5.Mose 14,21a.)
Im sogenannten Bundesbuch (Ex 20,22 – 23,33) finden sich zwei Bestimmungen, die positiv auf den Fremden Bezug nehmen.
„Und einen Fremdling sollst du nicht bedrängen und ihn nicht bedrücken, denn Fremdlinge seid ihr im Land Ägypten gewesen.“ (2. Mose 22,20)
„Die Fremdlinge sollt ihr nicht unterdrücken; denn ihr kennt doch die Seele des Fremden, weil ihr auch Fremde in Ägyptenland gewesen seid.“ (2.Mose 23,9)
Diese im Bundesbuch enthaltene Tradition wird im Heiligkeitsgesetz (3. Mose Levitikus 17-26) fortgeschrieben. Es favorisiert ein Modell der vollständigen Integration des Fremden. Die zentrale Aussage hierzu lautet:
„Es soll ein und dasselbe Recht unter euch sein für den Fremdling wie für den Einheimischen; ich bin der HERR, euer Gott.“ (3.Mose 24,22), sowie:
„Wenn ein Fremdling bei euch wohnt in eurem Lande, den sollt ihr nicht bedrücken. Er soll bei euch wohnen wie ein Einheimischer unter euch, und du sollst ihn lieben wie dich selbst; denn ihr seid auch Fremdlinge gewesen in Ägyptenland. Ich bin der HERR, euer Gott.“ (3.Mose 19,33-34)
Allerdings enthält das Modell der Gleichstellung mehrere Forderungen an den Fremden:
1. Der Fremde darf keinen religiösen Kult nach eigener Tradition pflegen; er muss sich an die jüdischen Kultregeln halten: “Darum sollst du zu ihnen sagen: Wer aus dem Hause Israel oder von den Fremdlingen, die unter euch sind, ein Brandopfer oder Schlachtopfer darbringt und bringt es nicht vor die Tür der Stiftshütte, um es dem HERRN zu opfern, der wird ausgerottet werden aus seinem Volk.“ (3.Mose 17,8-9)
2. Der Fremde muss sich an die jüdischen Speisegesetze halten: „Und wer vom Haus Israel oder von den Fremdlingen unter euch irgendwelches Blut ißt, gegen den will ich mein Antlitz kehren und will ihn aus seinem Volk ausrotten.Darum habe ich den Israeliten gesagt: Keiner unter euch soll Blut essen, auch kein Fremdling, der unter euch wohnt.“ (3.Mose 17,10-12)
3. Der Fremde soll Passa feiern wie die Israeliten.
Das Modell der Gleichstellung öffnet das Judentum für die Fremden. Aber es wird die Übernahme aller jüdischen Traditionen einschließlich Beschneidung, Kult- und Speisegesetz erwartet. In der Formulierung des Gesetzes heißt es dann:
„Ein und dasselbe Gesetz gelte für den Einheimischen und den Fremdling, der unter euch wohnt.“ (2.Mose 12,49)
Ein Beispiel für das priesterliche Modell der Integration bietet das Buch Judith: Dort lesen wir von einem Ammoniter, also Ausländer, der sich zum Judentum bekehrte:
"Als nun Achior sah, wie mächtig der Gott Israels geholfen hatte, verließ er die heidnischen Bräuche, glaubte an Gott und ließ sich beschneiden. Er wurde in das Volk Israel aufgenommen, er und alle seine Nachkommen, bis auf den heutigen Tag.“ (Jdt 14,6)
Im Gegensatz zur Priesterschrift sind die Ammoniter im 5. Buch Mose nicht einmal in das Zwei-Klassensystem ihres Gesellschaftsmodells aufgenommen: „Die Ammoniter und Moabiter sollen nicht in die Gemeinde des HERRN kommen, auch nicht ihre Nachkommen bis ins zehnte Glied; sie sollen nie hineinkommen.“ (5.Mose 23,4)
Dennoch ist der Fremdling in der Regel nicht beschnitten.
An Schutzbestimmungen finden sich u.a. folgende Gesetze:
„Wenn du dein Land aberntest, sollst du nicht alles bis an die Ecken deines Feldes abschneiden, auch nicht Nachlese halten. Auch sollst du in deinem Weinberg nicht Nachlese halten noch die abgefallenen Beeren auflesen, sondern dem Armen und Fremdling sollst du es lassen; ich bin der HERR, euer Gott.“ (3.Mose 19,9-10)
„Wenn ein Fremdling bei euch wohnt in eurem Lande, den sollt ihr nicht bedrücken/ausnutzen. Er soll bei euch wohnen wie ein Einheimischer unter euch, und du sollst ihn lieben wie dich selbst; denn ihr seid auch Fremdlinge gewesen in Ägyptenland. Ich bin der HERR, euer Gott.“ (3.Mose 19,33-34)
Bei der Gesetzgebung über das Sabbatjahr und das Jubeljahr leitet das Heiligkeitsgesetz von dem Prinzip, dass Jahwe der Besitzer des Landes ist, „Das Land gehört mir.“ (Lev 25,23) einen einzigartigen Zusatz ab: „Ihr seid wie Fremde und Beisassen bei mir.“ Israel ist nicht Herr des Landes, es wohnt dort vor Gott als Fremder. Insofern ist die Bibel, entfaltet man sie von diesem Punkt aus, ein Buch von Fremden für Fremde. Weil Jahwe der Besitzer des Landes ist, kommt auch dem Fremden ein Anteil von seinen Früchten zu, denn vor Gott sind alle Fremde.
Monatsspruch November 2014

Lernt, Gutes zu tun! Sorgt für das Recht!
Helft den Unterdrückten! Verschafft den Waisen Recht, tretet ein für die Witwen!
Freitag, 31. Oktober 2014
Offene Gemeindekirchenratssitzung
Am 3. November wollen wir uns ab 19 Uhr im Gemeindehaus Erlöser (Nöldnerstraße 43) über das Thema Kirchenasyl austauschen, Fragen stellen und gemeinsam nachdenken, ob wir als Gemeinde diese Form des Asyls anbieten wollen.
Wir freuen uns auf anregende Gespräche und einen produktiven Austausch.
Wir freuen uns auf anregende Gespräche und einen produktiven Austausch.
Donnerstag, 30. Oktober 2014
Vom Umgang mit Fremden (2)
Eine biblische Betrachtung in fünf Teilen von Edgar Dusdal
Die Auseinandersetzung zwischen Einheimischen und Fremden liegt auch der Geschichte von Sodom und Gomorra zugrunde. Die Vernichtung der Städte erfolgt nicht zuletzt aufgrund ihres negativen Umgangs mit Fremden.
„Die zwei Engel kamen nach Sodom am Abend; Lot aber saß zu Sodom unter dem Tor. Und als er sie sah, stand er auf, ging ihnen entgegen und neigte sich bis zur Erde und sprach: Siehe, liebe Herren, kehrt doch ein im Hause eures Knechts und bleibt über Nacht; lasst eure Füße waschen und brecht frühmorgens auf und zieht eure Straße. Aber sie sprachen: Nein, wir wollen über Nacht im Freien bleiben. Da nötigte er sie sehr und sie kehrten zu ihm ein und kamen in sein Haus... Aber ehe sie sich legten, kamen die Männer der Stadt Sodom und umgaben das Haus, Jung und Alt, das ganze Volk aus allen Enden, und riefen Lot und sprachen zu ihm: Wo sind die Männer, die zu dir gekommen sind diese Nacht? Führe sie heraus zu uns, dass wir uns über sie hermachen. Lot ging heraus zu ihnen vor die Tür und schloss die Tür hinter sich zu und sprach: Ach, liebe Brüder, tut nicht so übel! Siehe, ich habe zwei Töchter, die wissen noch von keinem Manne; die will ich herausgeben unter euch und tut mit ihnen, was euch gefällt; aber diesen Männern tut nichts, denn darum sind sie unter den Schatten meines Dachs gekommen. Sie aber sprachen: Weg mit dir! Und sprachen auch: Du bist der einzige Fremdling hier und willst regieren? Wohlan, wir wollen dich noch übler plagen als jene. Und sie drangen hart ein auf den Mann Lot.“
Lot`s Umgang mit seinen Gästen, die ja Fremde sind, wird von den Sodomitanern kritisiert mit dem Verweis, dass er als Fremdling kein Sonderrecht für sich beanspruchen kann. Nach ihrer Rechtsauffassung wäre es legitim gewesen, sich an den Fremden zu vergehen. Einzig der schutzlose Fremde garantiert in dieser Geschichte den Fremden Schutz.
Da sie selbst Gastrecht und Fremdenschutz brachen, verwirkten sie vor Gott ihr Existenzrecht.
Im gelobten Land erfährt Abraham die Verheißung:
„Da sprach der HERR zu Abraham: Das sollst du wissen, dass deine Nachkommen werden Fremdlinge sein in einem Lande, das nicht das ihre ist; und da wird man sie zu dienen zwingen und plagen vierhundert Jahre.“ (1.Mose 15,13)
Das ist nicht unbedingt das, was man sich unter einer Verheißung vorstellt. Anstelle einer Heilsgeschichte wird hier eine Unheilsgeschichte in Aussicht gestellt. Und man fragt sich: Lohnt sich der am Beginn der Erzählung von Abraham geforderte Aufbruch, angesichts dieser Zukunftsaussicht? Vierhundert Jahre Unterdrückung aufgrund des Status eines Fremdlings?
Doch bevor sich diese Unheilsgeschichte einlöst, erfährt Abraham in vielfacher Hinsicht Aufnahme und Gastfreundschaft.
Sind es bisher Ägypter und Philister gewesen, so nun Hethiter:
Nach dem Tod seiner Frau Sarah heißt es: „Ich bin ein Fremdling und Beisasse bei euch; gebt mir ein Erbbegräbnis bei euch, dass ich meine Tote hinaustrage und begrabe. Da antworteten die Hetiter Abraham und sprachen zu ihm: Höre uns, lieber Herr! Du bist ein Fürst Gottes unter uns. Begrabe deine Tote in einem unserer vornehmsten Gräber; kein Mensch unter uns wird dir wehren, dass du in seinem Grabe deine Tote begräbst. Da stand Abraham auf und verneigte sich vor dem Volk des Landes, vor den Hetitern.“ (1.Mose 23,4ff)
Das Fazit der Vätergeschichten lautet: Sowohl Abraham als auch Isaak und Jakob müssen aufgrund von Hungerkatastrophen ihre Heimat verlassen und Zuflucht bei Philistern oder Ägyptern nehmen. Das Leben im von Gott verheißenen Land erweist sich als prekär. Es bietet immer nur Heimat auf Zeit.
Kommen wir, zu dem nach jüdischem Verständnis Religionsstifter des Judentums, zu Mose.
Auch seine Existenz, von Anbeginn bedroht, ist fast zeitlebens die eines Flüchtlings. Um überleben zu können, müssen seine Eltern seine Identität verleugnen. Nach dem Totschlag eines Aufsehers muss er aus Ägypten fliehen. In Midian findet er Zuflucht bei dem Priester Reguel: (2.Mose 2, 22)„Und er gab Mose seine Tochter Zippora zur Frau. Die gebar einen Sohn und er nannte ihn Gerschom; denn, sprach er, ich bin ein Fremdling geworden im fremden Lande“ (hebräisch ger Fremdling + schäam dort).
Das eigene Kind wird zum Symbol der Fremdheit und zugleich des sich selbst in der Fremde fremdgewordenseins.
Das, worunter Flüchtlinge am meisten leiden, der Gefahr zu erliegen, die eigene Identität zu verlieren, findet in dieser Geschichte auf der symbolischen Ebene eine verdichtete Ausdrucksform.
Zur lokalen Fremdheit kommt die Selbstentfremdung: „Ich bin ein Fremdling geworden im fremden Lande.“
Der Auszug aus Ägypten wurde zum Gründungsmythos des Volkes Israel, worauf, dies sei noch einmal vermerkt, das eingangs zitierte Bekenntnis verweist „Ein umherirrender Aramäer war mein Vater, und er zog nach Ägypten hinab und hielt sich dort als Fremder auf.“
In der Eingangsformel zu den 10 Geboten, gehört deshalb zur Selbstvorstellung Gottes, der Verweis auf dieses Ereignis:
„Ich bin der HERR, dein Gott, der ich dich aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft, geführt habe.“
Gott ist ein Gott der Befreiung, der Menschen aus der Versklavung, aus Verhältnissen der Unfreiheit und Unterdrückung in die Freiheit führt. In der Bibel ist Gott ein Gott, der Heimat schenkt.
Aus dieser Fürsorge ergibt sich für jeden die Handlungsanweisung: Weil er uns Heimat schenkt, deshalb sollen auch wir Heimat schenken.
Die Auseinandersetzung zwischen Einheimischen und Fremden liegt auch der Geschichte von Sodom und Gomorra zugrunde. Die Vernichtung der Städte erfolgt nicht zuletzt aufgrund ihres negativen Umgangs mit Fremden.
„Die zwei Engel kamen nach Sodom am Abend; Lot aber saß zu Sodom unter dem Tor. Und als er sie sah, stand er auf, ging ihnen entgegen und neigte sich bis zur Erde und sprach: Siehe, liebe Herren, kehrt doch ein im Hause eures Knechts und bleibt über Nacht; lasst eure Füße waschen und brecht frühmorgens auf und zieht eure Straße. Aber sie sprachen: Nein, wir wollen über Nacht im Freien bleiben. Da nötigte er sie sehr und sie kehrten zu ihm ein und kamen in sein Haus... Aber ehe sie sich legten, kamen die Männer der Stadt Sodom und umgaben das Haus, Jung und Alt, das ganze Volk aus allen Enden, und riefen Lot und sprachen zu ihm: Wo sind die Männer, die zu dir gekommen sind diese Nacht? Führe sie heraus zu uns, dass wir uns über sie hermachen. Lot ging heraus zu ihnen vor die Tür und schloss die Tür hinter sich zu und sprach: Ach, liebe Brüder, tut nicht so übel! Siehe, ich habe zwei Töchter, die wissen noch von keinem Manne; die will ich herausgeben unter euch und tut mit ihnen, was euch gefällt; aber diesen Männern tut nichts, denn darum sind sie unter den Schatten meines Dachs gekommen. Sie aber sprachen: Weg mit dir! Und sprachen auch: Du bist der einzige Fremdling hier und willst regieren? Wohlan, wir wollen dich noch übler plagen als jene. Und sie drangen hart ein auf den Mann Lot.“
Lot`s Umgang mit seinen Gästen, die ja Fremde sind, wird von den Sodomitanern kritisiert mit dem Verweis, dass er als Fremdling kein Sonderrecht für sich beanspruchen kann. Nach ihrer Rechtsauffassung wäre es legitim gewesen, sich an den Fremden zu vergehen. Einzig der schutzlose Fremde garantiert in dieser Geschichte den Fremden Schutz.
Da sie selbst Gastrecht und Fremdenschutz brachen, verwirkten sie vor Gott ihr Existenzrecht.
Im gelobten Land erfährt Abraham die Verheißung:
„Da sprach der HERR zu Abraham: Das sollst du wissen, dass deine Nachkommen werden Fremdlinge sein in einem Lande, das nicht das ihre ist; und da wird man sie zu dienen zwingen und plagen vierhundert Jahre.“ (1.Mose 15,13)
Das ist nicht unbedingt das, was man sich unter einer Verheißung vorstellt. Anstelle einer Heilsgeschichte wird hier eine Unheilsgeschichte in Aussicht gestellt. Und man fragt sich: Lohnt sich der am Beginn der Erzählung von Abraham geforderte Aufbruch, angesichts dieser Zukunftsaussicht? Vierhundert Jahre Unterdrückung aufgrund des Status eines Fremdlings?
Doch bevor sich diese Unheilsgeschichte einlöst, erfährt Abraham in vielfacher Hinsicht Aufnahme und Gastfreundschaft.
Sind es bisher Ägypter und Philister gewesen, so nun Hethiter:
Nach dem Tod seiner Frau Sarah heißt es: „Ich bin ein Fremdling und Beisasse bei euch; gebt mir ein Erbbegräbnis bei euch, dass ich meine Tote hinaustrage und begrabe. Da antworteten die Hetiter Abraham und sprachen zu ihm: Höre uns, lieber Herr! Du bist ein Fürst Gottes unter uns. Begrabe deine Tote in einem unserer vornehmsten Gräber; kein Mensch unter uns wird dir wehren, dass du in seinem Grabe deine Tote begräbst. Da stand Abraham auf und verneigte sich vor dem Volk des Landes, vor den Hetitern.“ (1.Mose 23,4ff)
Das Fazit der Vätergeschichten lautet: Sowohl Abraham als auch Isaak und Jakob müssen aufgrund von Hungerkatastrophen ihre Heimat verlassen und Zuflucht bei Philistern oder Ägyptern nehmen. Das Leben im von Gott verheißenen Land erweist sich als prekär. Es bietet immer nur Heimat auf Zeit.
Kommen wir, zu dem nach jüdischem Verständnis Religionsstifter des Judentums, zu Mose.
Auch seine Existenz, von Anbeginn bedroht, ist fast zeitlebens die eines Flüchtlings. Um überleben zu können, müssen seine Eltern seine Identität verleugnen. Nach dem Totschlag eines Aufsehers muss er aus Ägypten fliehen. In Midian findet er Zuflucht bei dem Priester Reguel: (2.Mose 2, 22)„Und er gab Mose seine Tochter Zippora zur Frau. Die gebar einen Sohn und er nannte ihn Gerschom; denn, sprach er, ich bin ein Fremdling geworden im fremden Lande“ (hebräisch ger Fremdling + schäam dort).
Das eigene Kind wird zum Symbol der Fremdheit und zugleich des sich selbst in der Fremde fremdgewordenseins.
Das, worunter Flüchtlinge am meisten leiden, der Gefahr zu erliegen, die eigene Identität zu verlieren, findet in dieser Geschichte auf der symbolischen Ebene eine verdichtete Ausdrucksform.
Zur lokalen Fremdheit kommt die Selbstentfremdung: „Ich bin ein Fremdling geworden im fremden Lande.“
Der Auszug aus Ägypten wurde zum Gründungsmythos des Volkes Israel, worauf, dies sei noch einmal vermerkt, das eingangs zitierte Bekenntnis verweist „Ein umherirrender Aramäer war mein Vater, und er zog nach Ägypten hinab und hielt sich dort als Fremder auf.“
In der Eingangsformel zu den 10 Geboten, gehört deshalb zur Selbstvorstellung Gottes, der Verweis auf dieses Ereignis:
„Ich bin der HERR, dein Gott, der ich dich aus Ägyptenland, aus der Knechtschaft, geführt habe.“
Gott ist ein Gott der Befreiung, der Menschen aus der Versklavung, aus Verhältnissen der Unfreiheit und Unterdrückung in die Freiheit führt. In der Bibel ist Gott ein Gott, der Heimat schenkt.
Aus dieser Fürsorge ergibt sich für jeden die Handlungsanweisung: Weil er uns Heimat schenkt, deshalb sollen auch wir Heimat schenken.
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