von Karin Kemal
Die dunkle Jahreszeit, in der Leben ruht oder auf Sparflamme fährt. Wenn sie wie das Atemholen der Natur begriffen wird, ist sie die Zeit der Hoffnung und Ahnung.
Abgestorben – Totholz, Pilze und Moose breiten sich auf ihm aus – neues Leben.
Mir fällt das Lied ein vom Korn, das in den Tod versinkt und aus dem dann die grünen Halme sprießen, ein. Nur hier sieht es ganz anders aus. Es wächst Leben anderer Arten auf dem toten Holz. Dieses kleine Bild kann uns zeigen, wie unschätzbar vielfältig die Möglichkeiten der Natur sind. Auf einem toten Ast wächst da ein ungenießbarer und in Bauwerken schädlicher Pilz, die Schmetterlings-Tramete. Sie ist aber durchaus für Schmuckzwecke in der Floristik oder früher als Hutdekoration beliebt und noch viel wirkungsvoller als Heilpilz. Denn sie kann das Immunsystem stimulieren, Krebswachstum hemmen, wirkt gegen verschiedene Viren und Bakterien – so die traditionelle chinesische Medizin. Bei uns wird Totholz im Wald zum Wegbereiter für die nächsten Generationen verschiedener Pilzarten, Moose und Flechten, Nahrungsgrundlage für mehr als 1.300 Käferarten und damit für viele Schlupfwespenarten. Totholz bietet auch Lebensraum für Vögel, Ameisen, Asseln u. a. m. Außerdem wirkt die immer lockerer werdende Struktur des zerfallenden Holzes als ein Wasserspeicher, der gut für den Haushalt der Natur ist. Wir setzen Holz als Bau- und Brennholz sowie für künstlerische Zwecke ein. Die Aufzählungen sind sicher nicht vollständig, doch es ist deutlich, die größere Vielfalt des Totholzrecyclings bietet die Natur.
Gottes Geist weht, wo er will. Leben in 14 Milliarden Jahre Erdgeschichte und Naturgesetze zeigen das. „Das kreative Potential der Welt wird im Glauben Spiegel von Gottes Schöpferkraft“ . Menschen meinen zuweilen, darauf verzichten zu können - verzichten zu können, das vielschichtige Netzwerk von Gottes Schöpfung zu achten und zu pflegen.
Da werden gezielt Fake News in die Welt gesetzt – nicht nur seit dem 21. Jahrhundert. Vor allem Beutegreifern wie Wölfe, Adler und Geier wurde Sagenhaftes angedichtet. So auch diesem schönen Vogel, dem Bartgeier . Er wurde als Lämmergeier, Gyr und auch Hyäne der Lüfte benannt, der auch kleine Kinder erbeute. So wurde 1855 der letzte seiner Art in Deutschland und 1913 in den Alpen erlegt. Angetrieben wurde die Verfolgung durch Trophäenjäger, Eiersammler und Wilderer.
Doch dieser Vogel ernährt sich zu mehr als 90% von Knochen, die andere Aasfresser übriglassen. Seine Anatomie lässt es zu, 30 cm lange Röhrenknochen, Wirbelknochen bis 8 cm Durchmesser am Stück zu schlucken. Sind die Knochen größer, bedient er sich einer sogenannten Knochenschmiede – Fläche mit kleingranuliertem Geröll. Er trägt große Knochen hoch hinauf und lässt sie dann aus großer Höhe darauf fallen, dass sie zerschellen. Gelingt das nicht gleich, wiederholt der Vogel seine Aktion. Knochen bieten viele Nährstoffe. Vor allem Extremitätenknochen (6,7 KJ/g) und stehen Fleisch (5,8 KJ/g) bezüglich des Energiegehalts nicht nach. Knochen enthalten vor allem Kollagen und Fett. Um an diese Nahrung zu gelangen, muss der Bartgeier nicht jagen. Das kann er auch seiner speziellen Anatomie wegen nicht. Insbesondere der Winter hinterlässt für Aasfresser genügend gefallene Huftiere. Deshalb fängt der Bartgeier auch im Dezember bis Januar mitten in Schnee und Eis an zu brüten, weil das Winterende viele Lawinen- und Hungeropfer frei legt.
Jetzt ist der Bartgeier wieder im Alpenbogen zurück. Ein dreifacher Anlauf für ein immenses Auswilderungsprojekt unter internationaler Beteiligung war nötig. Heute wird die Neuansiedlung nicht nur von Zoologen, Behörden, sondern auch von Jägern, privaten Förderern und der ansässigen Bevölkerung unterstützt. Einen schönen Einblick darauf gibt die Website www.bartgeier.ch. Auch der Berliner Tierpark hat nennenswerten Anteil an dem Erfolg der Wiederansiedlung. Er gab mehr als 30 Tiere an das Erhaltungszuchtprogramm und zur Auswilderung. Dieses Jahr konnte er am 18.06. mitteilen: „Die am 12. März und 15. März im Tierpark Berlin geschlüpften Jungvögel machten sich nach wochenlangem Bangen am 10. Juni schließlich doch auf den Weg in den Naturpark Grand Causses in den französischen Cevennen.“ Sie wurden dort ausgewildert.
Nimmt man die Definition von Upcycling „aus alt mach neu“. So beweist das Beispiel Totholz und Bartgeier, dass es natürlich für natürliche Stoffe viel besser geht, als wir es können. Im Schöpfungsbericht ist 5x geschrieben: „Und er sah, dass es gut war.“ Und am 6. Schöpfungstag: „Und er sah, dass es sehr gut war.“
Sonntag, 18. Oktober 2020
Neues Leben, die Schöpferkraft
Trackbacks
Trackback-URL für diesen Eintrag
Keine Trackbacks